Vorstehen und Durchstehen






Auf einer zurückliegenden Jagd hatten wir das Problem, dass einer der Hunde wohl Wild kurz vorstand, aber dann sofort einsprang und es außer Reichweite der Schützen abstrich.
Das Durchstehen war bei diesem Vorstehhund nicht im Repertoire, was Leinenzwang nach sich zog -

Was heißt "Durchstehen"?

Zitat Deutsches Jagd Lexikon:
"Fähigkeit ausgebildeter Vorstehhunde, in Vorstehhaltung so lange auszuharren, bis sich drückendes Wild die Flucht antritt oder der Hundeführer ein Kommando zum Einspringen (bspw. "Voran!") gibt oder das Wild selbst heraustritt. Der Vorstehhund ist dabei dem Triebkonflikt zwischen seiner angewölften Einspringhemmung und seinem natürlichen Beutetrieb ausgesetzt. Ein guter Appell unterstützt den Hund darin, diesen Triebkonflikt zu Gunsten des Durchstehens aufzulösen wenn er gelernt hat, nur so zum Jagderfolg zu kommen..."

Es fehlte bei diesem Hund also am guten Appell und einer gewissenhaften Ausbildung - könnte man meinen.
Nein, er wurde sorgfältig ausgebildet:
Reizangel für den Junghund, anschließend kontinuierlich Reviergänge mit Feldleine, die ein Einspringen unterband und zwar so lange, bis das gewünschte Verhalten (Durchstehen) gefestigt war.

Es gibt Hunde, die, obwohl gut ausgebildet, aufgrund ihres überpassionierten Temperaments und einer niedrigen Reizschwelle sich ihre gute Erziehung nicht zunutze machen können. Durch ihre Hektik überlaufen sie dann beispielsweise auch Wild, das von kontrolliert arbeitenden Artgenossen vorgestanden wird. Da nützt die beste Nase nichts.
Für den Führer ist ein solch "übermotivierter" Hund anstrengend - er muss immer einwirken und gezielt Druck ausüben. Nicht selten sind diese Hunde auch die Winsler und Jauler - im Auto oder auf dem Stand. Bei ihnen genügen bereits geringe Umweltreize, um einen hohen Erregungszustand zu erzeugen. Im Jagdbetrieb äußerst störend!
"Der brennt, der will jetzt jagen..." ist oftmals die Begründung für diese Unruhe.
Die beherrschten Hunde "brennen" auch und wollen jagen und lassen ein leises Miefen vernehmen, wenn es zur Jagd geht. Aber im Jagdbetrieb selbst zeigen sie Ruhe, Gehorsam und Konzentration.

Das Wesen und das Temperament eines Hundes sind für die jagdliche Brauchbarkeit ein wichtiger Aspekt.

Dem wurde durch die neue Ordnung für Verbandszuchtprüfungen Rechnung getragen.
Zitat VZPO des JGHV (2017):
"Neben der Feststellung der Anlagen und Leistungen unserer Jagdgebrauchshunde ist das Erkennen und Dokumentieren von Wesens- und Verhaltensmerkmalen insbesondere für die Zucht leistungsstarker und wesensfester Jagdgebrauchshunde von größter Bedeutung..."

Bleibt zu wünschen, dass sich alle Verbandsrichter ihrer diesbezüglichen Verantwortung bewusst sind!